Dienstag, 23. April 2013

Wir-erobern-den-Rest-der-Insel-Tour



Nach dem wir uns letzte Woche von der Farm verabschiedet hatten und auf große Wir-erobern-den-Rest-der-Insel-Tour gegangen waren, sollte unserer anfänglicher Enthusiasmus langsam aber mit direkter Wirkung getrübt werden. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und der Freude, dass wir doch endlich von der Farm weg kommen und das ich doch endlich wieder Auto fahren darf ging es auf den Highway 1 Richtung Norden.

Wir wollten die schon längst erforschten Landschaften Kanadas für uns entdecken in der Hoffnung das wir vielleicht in irgendeinem Nationalpark die 1 627 839 Besucher sind, die Leute Konfetti auf uns werfen und wir einen fetten Kuchen serviert bekommen.
Leider meinte es die kanadische Bevölkerung nicht all zu gut mit uns und wir mussten uns mit erhöhten Parkpreisen, tiefen Schlaglöchern auf stark befahrenen Schotterwegen und einer neuen Definition von Hostel zufrieden geben.


Unser Mut sollte deswegen nicht unbelohnt bleiben und wir ernteten schönstes Sommerwetter an der Küste von Tofino, wo wir auch gleich Hals über Kopf eine Surfstunde buchen mussten, um uns selbst zu beweisen, dass wir hier doch etwas „abgefahrenes“ erleben.
Michael entschied sich nach 10 Minuten im Wasser gegen den Surfunterricht und führte sich eine Dislokation seiner Schulter hinzu. Da er mir den Spaß nicht alleine gönnen und mir dafür etwas neues bieten wollte, entschieden wir uns für das ortsansäßige Krankenhaus. Die Anmeldedame war mehr als abgespaced und hatte dazu noch eine passende silberne Raumfahrhandtasche, auf die ich mehr als neidisch war. Der Oberarzt glänzte mit einem schicken aber dennoch legeren Outfit und einem charmanten Lächeln – er entschädigte die Entreißung von meinem gutaussehenden Surflehrer.  
Zurück zu unserer Dislokation: Michael durfte sich natürlich mit einer guten Zufuhr von Drogen den Aufenthalt versüßen, währenddessen ich außerhalb des Raumes stand, den Arzt durch das Fenster anhimmelte und auf baldige Einrenkung der Situation wartete.
Für anderthalb Stunden Aufenthalt im Exklusiven „Trauma Room“ des Krankenhauses und Behandlung vom Chefarzt höchstpersönlich bezahlten wir schlappe 850 $. Röntgen wird natürlich extra in Rechnung gestellt, bei dem Preis kann man das nicht erwarten.
Da Michael nun zu den Schwerbehinderten zählt und seine Bewegungsfreiheit für die nächsten 3 Wochen eingeschränkt ist, waren wir nicht sicher ob wir gleich den Flug zurück nach Hause buchen oder ob wir doch nochmal auf die Farm zurück sollten. Schließlich hätten wir Mitleidsbonus und für unsere getane Arbeit auf diesem Hof sollten ein paar Tage Krankenurlaub wohl machbar sein.



Wir entschieden uns für letzteres und machten uns zurück auf den Weg nach Metchosin.
Etwas hatten wir es schon vermisst, nicht die undankbaren Menschen, sondern die Tiere die das Leben auf dem Hof mit ihren Gackern und Miauen und Bellen und Meckern und Schnattern immer ein Stück freundlicher gemacht haben. Dafür waren wir umso dankbarer das wir für einige Tage unter kamen.

Lange wollten wir die begrenzte Gastfreundlichkeit aber nicht ausnutzen und wir entschieden uns Kanada den Finger zu zeigen und uns Richtung Süden abzusetzen. Auch wenn wir früher oder später zurück müssen lassen wir uns bis dahin im Westen der USA die Sonne auf den Po scheinen.



Mittwoch, 3. April 2013

Selbsttherapie die IV.


Unser Tag beginnt 7.30 Uhr. Als erstes kümmern wir uns um die gut gepflegten Freilandhühner. Futter und Wasser nachfüllen sowie Eier  einsammeln. Darauf folgen die Zuchtenten und großzügig gehaltenen Ziegen.
Nach einem sehr umfangreichen und ausgedehnten Frühstück widmen wir uns nach 9 Uhr unserer Arbeit im Garten. Die sauber angelegten Beete müssen äußerst rein gehalten werden. Deshalb gehört es zu unserer täglichen Arbeit die Erde vom Fremdwuchs zu befreien und die schon herangewachsenen Pflanzen mit Dünger und natürlichen Algenmineralien zu schützen. Eine weitere große Aufgabe war es die Wege zwischen den Beeten erneut von Fremdwuchs zu befreien und mit Rindenmulch auszufüllen. Des weiteren mussten einige Beetumrandungen ausgebessert werden, damit wir die automatische Selberwasserungsanlage anschließen können. Leider liegt diese nicht überall an, somit müssen wir in den gutorganisierten Gewächshäusern, in denen wir übrigens selbstgefertigte Holztische aufbauten, um mehr Keimlinge heran zu ziehen, noch per Hand die Wässerung übernehmen.  Auch die Grünanlagen ringsum der Felder sollten stets in Ordnung gehalten werden. Ab und zu dürfen wir auch einige der hochwertigen Pflanzen umtopfen oder von dem einem Platz an einen besser Platz übersiedeln.
Fiona – die Hausherrin steht uns immer Tatkräftig zur Seite und passt auf das wir nicht vom Stängel fallen.
Besondern zum Mittagessen achten wir auf gesunde Kost. Reichhaltig und ausgewogen mit Zutaten aus dem Garten und von benachbarten Farmen. Stets darauf bedacht nur „local food“ zu essen, rückt die Einkaufshalle in den Hintergrund.
Gegen späten Nachmittag oder selten auch Abends legen wir unsere Arbeit, glücklich und mit einen guten Gewissen was wir geschafft haben, nieder.

links: Blick auf unsere äußerst anspruchsvoll gebauten Holztische
rechts: unser luxuriöser Camper; beste Ausstattung von Klimaanlage bis hightech TV-Anlage


Das ist nur ein kleiner Einblick in unsere tägliche Therapie. Wie ihr seht werden wir bestens umsorgt. Vor allem bei der Arbeit haben wir die Gelegenheit uns selbst besser kennen zu lernen und neue Seiten an uns zu entdecken. Ich bin sehr dankbar eine so offenbarende Zeit hier verbringen zu dürfen.

„Ironie ist das Körnchen Salz, das das Aufgetischte überhaupt erst genießbar macht.“ 
 - Johann Wolfgang von Goethe


Wir genießen unsere freie Zeit in vollsten Zügen - mit dem Gesicht immer der Sonne entgegen. ;)